Einkommensteuer | Beteiligung an den Kosten der Lebensführung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung (BFH)

    Kosten der Lebensführung i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG sind die Kosten des Haushalts und die sonstigen Lebenshaltungskosten im Haupthausstand. Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung darf nicht erkennbar unzureichend sein. Ob dies der Fall ist, bedarf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Eine bestimmte betragliche Grenze sieht das Gesetz nicht vor, ebenso wenig ist eine laufende Beteiligung erforderlich (BFH, Urteil v. 12.1.2023 - VI R 39/19; veröffentlicht am 27.4.2023).

    Hintergrund: Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG). Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG setzt das Vorliegen eines eigenen Hausstands das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.

    Sachverhalt: Der Kläger, ein lediger Arbeitnehmer, bewohnte im Streitjahr (2015) in seinem Elternhaus zusammen mit seinem Bruder eine nicht abgeschlossene Obergeschosswohnung. Die Eltern, mit denen er keinen Mietvertrag geschlossen hatte, lebten im Erdgeschoss. Daneben unterhielt er am Arbeitsort eine gemietete Zweitwohnung. Der Kläger beteiligte sich zwar nicht an den laufenden Haus- und Nebenkosten, überwies jedoch im Dezember des Streitjahres einen Betrag von 1.200 € (mtl. Kostenbeteiligung für Januar bis Dezember von je 100 €) sowie einen Betrag von 550 € (Beteiligung an der Fenstererneuerung). Zudem konnte er nachweisen, dass er Ausgaben für Lebensmitteleinkäufe am Ort des Haupthausstandes in Höhe von ca. 1.410 € getätigt hatte.

    Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte der Kläger die Berücksichtigung von Aufwendungen einer doppelten sowie Kosten Familienheimfahrten als Werbungskosten.

    Das FA berücksichtigte die geltend gemachten Beträge auch im Einspruchsverfahren nicht als Werbungskosten, da eine ausreichende finanzielle Beteiligung am gemeinsamen Haushalt (Eltern und Brüder) nicht nachgewiesen worden sei.

    Der hiergegen gerichteten Klage gab das FG statt (Niedersächsisches FG, Urteil v. 18.9.2019 - 9 K 209/18; siehe hierzu unsere Online-Nachricht v. 15.1.2020).

    Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen:

    • Im Kontext des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG sind unter Kosten der Lebensführung lediglich die Kosten des Haushalts und der sonstigen Lebenshaltung des Haupthausstands zu verstehen.
       
    • Bezüglich der Kostenbeteiligung sieht das Gesetz weder eine bestimmte betragsmäßige Grenze vor noch, dass es sich um eine laufende Beteiligung im Sinne einer - wie das FA meint - mietgleichen Zahlung handeln muss.
       
    • Auch darf die finanzielle Beteiligung des Steuerpflichtigen an den Kosten des (Haupt-)Hausstands nicht erkennbar unzureichend sein. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern bedarf einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls durch das FG als Tatsacheninstanz.
       
    • Als Vergleichsmaßstab für eine nicht erkennbar unzureichende finanzielle Beteiligung dienen die im Jahr tatsächlich entstandenen Haushalts- und sonstigen Lebenshaltungskosten. Diese hat der Steuerpflichtige darzulegen und ggf. nachzuweisen.
       
    • Bei Heranziehung dieser Rechtsgrundsätze hat das FG im Ergebnis zu Recht das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung im Sinne der gesetzlichen Neuregelung bejaht.
       
    • Vorliegend hatten die Eltern des Klägers diesem und seinem Bruder die Wohnung im Obergeschoss zur Nutzung überlassen. Es bestehen keine Zweifel, dass der Kläger und sein Bruder diese von den Eltern überlassene Wohnung i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG im Streitjahr innehatten. Soweit das FG allerdings von einem Mehrgenerationenhaushalt im Sinne eines gemeinsamen Haushalts der Brüder und der Eltern ausgegangen ist, wird diese Würdigung von den den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) der Vorinstanz nicht getragen. Denn das FG hat festgestellt, dass die Brüder (nur) die Wohnung im Obergeschoss bewohnten, während die Eltern die Räume im Erdgeschoss nutzten. Der Umstand, dass die von den Brüdern bewohnte Wohnung im Obergeschoss nicht gegenüber der von den Eltern bewohnten Wohnung im Erdgeschoss baulich abgeschlossen ist, ist für das Vorliegen eines eigenen Hausstands unerheblich.
       
    • Das FG hat im Ergebnis auch zu Recht eine ausreichende finanzielle Beteiligung des Klägers an der Haushaltsführung im Streitjahr bejaht.


    Quelle:BFH, Urteil v. 12.1.2023 - VI R 39/19; NWB Datenbank (RD)


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