Kryptowährungen und NFTs – Steuerrecht vor der Zerreißprobe
Welche Token gibt es?
Ein Token (zu Deutsch: eine Wertmarke) ist ein Objekt undefinierter Natur. Diesem Token kann man einen spezifischen Wert zuordnen und ihn in folgende Unterarten kategorisieren:
- Currency bzw. Payment Token: Jeder Token ist mit einem Betrag als Wert versehen und kann so vom Besitzer als Zahlungsmittel benutzt werden. Man spricht in diesem Fall von einer virtuellen Währung.
- Utility Token: Ein Utility Token repräsentiert ein bestimmtes Recht, sei es nun ein Nutzungs-, Stimm- oder Bezugsrecht.
- Security Token: Diese sind das Äquivalent zu den klassischen Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Eine systematische Unterteilung erfolgt demnach in:
- Equity Token: ein Token, der ein Beteiligungsverhältnis repräsentiert
- Debt Token: ein Token, der ein Schuldverhältnis repräsentiert
Blockchain – die unveränderliche Datenbank
Bewegt man sich im Bereich der Kryptowährungen, kommt man nicht am Begriff der „Blockchain“ vorbei.
Die Entwicklung der Blockchain-Technik bietet die Möglichkeit, Transaktionen ohne die Notwendigkeit „eines Dritten“ sicher und nachvollziehbar abzuwickeln. Hierbei „hängt“ sich jede neue Transaktion, wie bei einer Kette, einfach an die letzte Transaktion. Dies führt zu einer manipulationssicheren Kennzeichnung. Entscheidend ist das Festhalten der Transaktionsdaten in Blöcken. Mit Hilfe von Rechenleistung erfolgt eine numerische Ermittlung der Blöcke und die vorangegangenen Blöcke können angehängt werden.
Dieser Prozess der Herstellung von neuen Blöcken bezeichnet man als „mining“, „forging“ oder „minting“, abhängig von der verwendeten Herstellungsmethode. Die Schaffung neuer Blöcke belohnt der Betreiber der Blockchain mit Einheiten einer virtuellen Währung.
Was sagt die Finanzverwaltung dazu?
In ihrem BMF-Schreiben legt die Finanzverwaltung den Fokus auf den Herstellungsprozess neuer Blöcke. Die Frage, ob diese „Herstellung“ ein Anschaffungsvorgang ist, beantwortet die Finanzverwaltung eindeutig mit „ja“! Infolgedessen ist regelmäßig zu prüfen, ob
- ein Totalgewinn erzielbar ist,
- eine Wiederholungsabsicht besteht und
- eine Teilnahme am wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb vorliegt.
Laut BMF wird letztgenannter Punkt jedoch bereits bei Zurverfügungstellen von Rechenleistung regelmäßig angenommen. Und somit liegen Einkünfte i. S. v. § 15 EStG vor.
Kryptowährungen sind volatiler Natur und nur in begrenzten Mengen verfügbar. Dies hat zur Folge, dass der eingesetzte Euro des Anlegers nicht dem Wert des Herstellers entspricht. Klassisch nach Angebot und Nachfrage orientiert sich der Preis am aktuellen Marktwert (hierzu: Rz. 43–44 des BMF-Schreibens vom 10.05.2022).
Nach dem BMF-Schreiben und dem BFH-Urteil vom 14.02.2023 beträgt die Spekulationsfrist lediglich 1 Jahr.
… und die NFT (Non-Fungible Token)?
Erstaunlich ist, dass hierbei die NFT, eben jene Token, denen eine gewisse „Einzigartigkeit“ zusprochen wird, vollkommen außer Acht bleiben. NFT erfahren derzeit durch entsprechende Positionierung in den einschlägigen Medien und Plattformen einen Bekanntheitsboom. In diesem Falle würde eine Veräußerung eines virtuellen Grundstücks im Metaverse innerhalb der Spekulationsfrist zu Einkünften i. S. v. § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 (1) S. 1 Nr. 2 EStG führen. Das Problem dahinter ist, dass eben über die bereits genannte Gamification der Inhalte ein Einstieg in diese Prozesse deutlich erleichtert wird und es oftmals für den Nutzer unklar sein kann, welchen Effekt seine Handlungen im steuerlichen Bereich ausgelöst haben.
Eine steuerliche Würdigung ist möglich
Dass eine solche steuerliche Würdigung möglich ist, bewies der fünfte Senat des BFH in seinem Urteil vom 18.11.2021 (V R 38/19), in welchem er zur Fragestellung der Steuerbarkeit einer „Vermietung“ von virtuellem Land in einem Online-Spiel Stellung nahm. Dies zeigt, dass sich auch das Steuerrecht nicht vor den Neuerscheinungen der Digitalisierung verstecken kann.
„Steuerrecht kann sich nicht vor den Neuerscheinungen der Digitalisierung verstecken.“
Welche Schlüsse ziehen wir daraus?
Vielmehr ist es wichtig, dass nunmehr frühzeitig Regelungen geschaffen werden, welche es den Steuerpflichtigen möglich machen, rechtssicher in dieser neuen Umgebung agieren zu können. Denn wie Prof. Dr. Heuermann treffend formulierte: „Die Welten sind nicht so einfach zu trennen – auch virtuelle oder Subwelten gibt es und sie wirken auf das reale Geschehen ein. Sie sind nicht irreal!“ (Heuermann zu BFHUrteil vom 18.11.2021 – V R 38/19 in DStR 11/2022; S. 547-553).
Über den Autor:
Thomas Wiegmann ist Diplom-Finanzwirt und Steuerberater. Er ist Geschäftsführer bei der sbu/ Sterzenbach & Kollegen Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co. KG in Mülheim an der Ruhr. Seit über 25 Jahren unterrichtet er als freiberuflicher Dozent und lehrt in den Bereichen Bilanzsteuerrecht, Einkommensteuerrecht, Abgabenordnung und Gesellschaftsrecht. Für die Steuer-Fachschule Dr. Endriss ist er neben zahlreichen Seminaren auch in den Vorbereitungslehrgängen für Bilanzbuchhalter, Steuerfachwirte und Steuerberater tätig. Zudem verfasst er Fachbücher und publiziert regelmäßig in Fachzeitschriften.
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