Gesetz zur Umsetzung der „DAC 7“-Richtlinie und Plattformen-Transparenzgesetz (PStTG)

Das Gesetz zur Umsetzung der „DAC 7“-Richtlinie und das Plattformen-Transparenzgesetz (PStTG) bringen neue Relevanz in die innergemeinschaftliche Fernverkaufsregelung. Expertenwissen von Philipp Krückel, Steuerberater, Master of Arts (M.A.) Taxation und Thomas Wiegmann, Dipl.-Finw. Steuerberater

Mit Einführung des Plattformen-Transparenzgesetzes sind Betreiber elektronischer Handels- und Dienstleistungsplattformen ab 01.01.2023 verpflichtet den Finanzbehörden Informationen über, auf diesen Plattformen erzielte Umsätze mitzuteilen. Im Rahmen des neuen PStTG konkretisiert der Gesetzgeber, wer unter den Begriff des Plattformbetreibers und des meldepflichtigen Plattformbetreibers fällt - nämlich jeder, dessen Plattform die Erbringung einer etwaig gearteten Tätigkeit (Lieferung oder sonstigen Leistung) ermöglicht. Ermöglicht die Plattform lediglich eine Verarbeitung von Zahlungen (z.B. PayPal) oder listet relevante Tätigkeiten (z.B. Gelbe Seiten) so handelt es sich um keine Plattform im Sinne des PStTG (zur Vereinfachung soll im Folgenden diesbezüglich von einer Website statt von einer Plattform die Rede sein). Der meldepflichtige Plattformbetreiber ist derjenige, der sich verpflichtet einem Dritten die Plattform zur Verfügung zu stellen und keinen Nachweis gegenüber dem BZSt erbracht hat, dass seine Plattform ausschließlich von nicht meldepflichtigen Dritten genutzt werden kann. Man spricht in diesem Fall von einem Anbieter (einem Nutzer einer Plattform, der eine etwaig geartete Leistung erbringt). Aus Sicht des Gesetzgebers liegt eine „relevante Tätigkeit“ vor, wenn gegen Vergütung eine der folgenden Tätigkeiten erbracht werden:

  1. die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichem Vermögen;
  2. die Erbringung persönlicher Dienstleistungen;
  3. der Verkauf von Waren;
  4. die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln.
     

Meldepflichtig sind solche Anbieter, die nicht die folgenden Merkmale aufweisen:

Es handelt sich um

  1. einen staatlichen Rechtsträger,
  2. einen Rechtsträger, dessen Aktien regelmäßig an einer anerkannten Wertpapierbörse gehandelt werden, oder ein verbundener Rechtsträger eines Rechtsträgers ist, dessen Aktien regelmäßig an einer anerkannten Wertpapierbörse gehandelt werden,
  3. einen Rechtsträger, der im Meldezeitraum unter Inanspruchnahme derselben Plattform in mehr als 2.000 Fällen relevante Tätigkeiten nach § 5 (1) Satz 1 Nummer 1 in Bezug auf eine inserierte Immobilieneinheit (§ 6 (7) ) erbracht hat oder
  4. im Meldezeitraum unter Inanspruchnahme derselben Plattform in weniger als 30 Fällen relevante Tätigkeiten erbracht und dadurch insgesamt weniger als 2.000 Euro als Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben bekommen hat.
     

Liegt eine entsprechende Vergütung vor, so sieht das PStTG vor, dass der meldepflichtige Plattformbetreiber bis zum 31.01.2022 für jeden meldepflichtigen Anbieter unter anderem zu melden:

  • Steueridentifikationsnummer
  • Umsatzsteueridentifikationsnummer
  • Inhaber des Finanzkontos
  • die pro Quartal gezahlten Vergütungen
  • jegliche Gebühren, Provisionen und Steuern die pro Quartal gezahlt wurden
  • die Zahl der relevanten Tätigkeiten, für die eine Vergütung ausbezahlt wurde.

Alleine bereits mit diesen Daten wird es der Finanzverwaltung erheblich erleichtert, steuerlich relevante Tätigkeiten zu erkennen.



Betrachten wir das Ganze einmal im Rahmen der Einzelsteuergesetzen:

Einkommensteuer:

Die Einkommensteuer kennt sieben Einkommensarten in die eine Vergütung fallen müsste steuerlich relevant zu sein. Dabei kann man die für die Plattformen relevanten Arten wie folgt strukturieren:

Vermietung und Verpachtung
Plattformen wie AirBnB bieten bereits schon länger die Möglichkeit an von Privatpersonen Wohnungen kurzfristig zu mieten.

Selbständige Tätigkeit
Einzelne Dienstleister oder Künstler sind regelmäßig hier anzufinden. Sie sind jedoch abzugrenzen von der;

Gewerblichen Tätigkeit
für die Einordnung als Gewerbebetrieb gibt es verschiedene Möglichkeiten. Für die Anbieter ist regelmäßig die Prüfung, ob es sich um eine selbständige nachhaltige Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht und Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr von Bedeutung.

Sonstige Einkünfte
solche Einkünfte, die keiner der anderen Einkunftsarten zuzuordnen sind, sind (vereinfachend gesprochen) dann steuerpflichtig, wenn die Einkünfte mehr als 256 Euro betragen haben.

Private Veräußerungsgeschäfte
sind klassischerweise die Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden innerhalb der Spekulationsfrist. Ebenfalls darunter fällt die Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern bei denen zwischen Anschaffung und Veräußerung ein Zeitraum von weniger als einem Jahr liegt. Gewinne hieraus bleiben dann steuerfrei, wenn der aus allen privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn eines Kalenderjahres weniger als 600 € betragen hat. Hierrunter fallen z.B. die s.g. „Reseller“ und „Scalper“ (z.B. bei der PS5 oder bei limitierten Sneakern).

Insbesondere im Bereich der privaten Veräußerungsgeschäfte, gewerblichen und selbständigen Tätigkeiten wird es bereits einige Steuerpflichtige geben, die ohne es genau zu wissen (oder im genauen Wissen Ihrer Handlungen) einen der Tatbestände erfüllen. Insbesondere die für eine gewerbliche Tätigkeit notwendige Regelmäßigkeit kann hier bei z.B. bei der Weiterveräußerung von Kleidung zu einem Problem werden. Im Hinblick auf die geltende Rechtsprechung muss hier jedoch jeder Einzelfall im speziellen gewürdigt werden. Entscheidend ist dabei jedoch auch, dass in den Fällen, wo die Steuerpflichtigen sich nicht bewusst sind einer steuerpflichtigen Tätigkeit nachzugehen, typischerweise keine ordentlichen Aufzeichnungen über die, die Einkünfte korrespondierenden, Ausgaben geführt werden, was wiederrum zu einem regelmäßigen höheren steuerpflichtigen Gewinn führt.

Wichtig: Selbst, wenn keine Meldepflicht des Plattformbetreibers besteht, kann ein Anbieter steuerpflichtige Einkünfte erzielen!


Umsatzsteuer

Grundsätzlich besteht in Deutschland die Möglichkeit die Kleinunternehmerregelung gem. § 19 UStG anzuwenden, wenn

  • der Bruttoumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr unter 22.000 Euro lag und
  • er im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen wird

Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung bewirkt, dass die für die steuerpflichtigen Umsätze grundsätzlich geschuldete Steuer nicht erhoben wird. Was geschieht aber in den Fällen, wo die Kleinunternehmerregelung überschritten ist, oder voraussichtlich überschritten wird?
In diesem Fall muss jede Leistung umsatzsteuerlich geprüft werden. Die Komplexität für die Steuerpflichtigen kann am Beispiel einer Warenlieferung über das Portal „Etsy“ an eine Privatperson anschaulich dargestellt werden:

I. Lieferung an eine Privatperson im Inland:
Die Lieferung unterliegt der deutschen Umsatzsteuer i.H.v. 19 % (evtl. dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %).

II. Lieferung an eine Privatperson im EU-Mitgliedstaat:
a) bei Unterschreiten der einheitlichen Lieferschwelle von 10.000 €
Liegen die Umsätze, welche mit Lieferungen im EU-Mitgliedstaat erwirtschaftet werden, unterhalb von 10.000 €, so darf die Ortsbestimmung bei der Würdigung der Lieferung nicht nach § 3c UStG, sondern über § 3 (6) UStG. Dies bedeutet, dass der Ort der Lieferung der Ort der Aufgabe der Lieferung ist. Da dieser regelmäßig im Inland belegen ist unterliegt diese Lieferung der deutschen Umsatzsteuer.
b) bei Überschreiten der einheitlichen Lieferschwelle von 10.000 €
Überschreiten die Umsätze, welche mit Lieferungen im EU-Mitgliedstaat erwirtschaftet die Lieferschwelle von 10.000 € oder ist der Unternehmer in mehr als nur einem EU-Mitgliedstaat ansässig so gilt die Lieferung als im Mitgliedstaat des Lieferendes belegen und somit als in Deutschland nicht steuerbar. Dabei versteht sich die einheitliche Lieferschwelle als Summe der s.g. TRFE-Leistungen gem. § 3a (5) S. 2 UStG und der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe. Dies stellt eine Durchbrechung der normalen Ortsbestimmung in Lieferfällen dar. Der Unternehmer muss sich im Mitgliedstaat des Lieferendes grundsätzlich umsatzsteuerlich registrieren. Zur Vereinfachung besteht innerhalb der Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur Teilnahme am One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) gem. § 18j UStG. Hierzu werden die in den anderen Mitgliedstaaten zu entrichtenden Steuern beim OSS gemeldet und von diesem an die einzelnen Mitgliedstaaten verteilt. Ohne die Registrierung beim OSS besteht eine Melde- und Registrationspflicht in den einzelnen Mitgliedstaaten.

III. Lieferung an eine Privatperson im Drittland:
Erfolgt die Lieferung an eine Privatperson im Drittlandsgebiet, so ist grundsätzlich die Lieferung in Deutschland nicht steuerbar, es besteht jedoch wie schon in Fall II. b) die potentielle Melde- und Registrationspflicht in den Drittländern. In der Praxis übernehmen einige Plattformbetreiber für die Unternehmer die Meldung und Abführung der Steuern in anderen Ländern (so z.B. Etsy).

 
Systematisch muss man feststellen, dass die Einführung des PStTG eine Fortsetzung der Bemühungen des Gesetzgebers und der supranationalen Gesetzgebung darstelltet, die Besteuerung innerhalb der Mitgliedstaaten sicherzustellen und gleichzeitig die schwer nachvollziehbaren Strukturen im Onlinehandel zu durchleuchten. Dabei nimmt es der Gesetzgeber nicht auf sich eine solche Kontrolle vorzunehmen, sondern nimmt die Plattformbetreiber in die Pflicht, wie bereits mit der Einführung der §§ 25e und 22f UStG. Es bleibt insbesondere abzuwarten, inwiefern es hierbei Meldegrenzen geben wird, wie schnell die Finanzverwaltung beginnt die gelieferten Daten auszuwerten und insbesondere, wie die Folgen einer solchen Auswertungen sein werden.

Abschließend sei festgehalten, dass das PStTG als Vorschrift nicht kohärent zu den Steuergesetzten gedacht ist. Die allgemeine Meldepflicht bei 30 oder mehr Vorgängen auf einer Plattform und einer Vergütung von insgesamt mehr als 2.000 € steht in keinem Fall den Vorschriften im Einkommensteuer- oder Umsatzsteuergesetz gleich. Einzig im Rahmen der Betrachtung einer gewerblichen Tätigkeit und der hierzu ergangenen Rechtsprechung, kann ein gewisser Grad an Verknüpfung festgestellt werden, da bei mehr als 30 Vorgängen regelmäßig eine wiederkehrende Tätigkeit gewisser Art unterstellt werden kann. Es ist hierbei mit erhöhtem Beratungsbedarf auf Seiten der Mandantschaft zu rechnen.
 

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